Aktien gefährden Vermögen - Cash besser als sein Ruf

Aktien gelten als alternativlos. Wer dagegen sein Geld auf dem Sparbuch bunkert, gilt als unwissend bis dumm. Für die Präferenz von Cash und die Teil-Abstinenz von Aktien gibt es derzeit aber gute Gründe.

An der Aktie führt kein Weg vorbei – so die gängige Einschätzung der meisten Bankberater und selbsternannten Anlagestrategen. Auf den ersten Blick scheint dies plausibel. Deutsche Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit werfen nur noch 0,8 Prozent Zinsen pro Jahr ab. Unternehmensanleihen mit guter Bonität rentieren kaum höher. Anlagen am Rentenmarkt vernichten damit real Vermögen. Dasselbe gilt für Sparbücher und Festgeldkonten – so die weit verbreitete Warnung.

Die Vorliebe der Deutschen für Sparbücher und Festgeldkonten basiert aber auf durchaus logischen und ökonomisch vernünftigen Gründen. Denn diese Anlagen bieten ein hohes Maß an Sicherheit und Liquidität. Das passt zu den derzeitigen Rahmenbedingungen. Selbst ein kontrollierter Vermögensverlust hat im aktuellen Marktumfeld seine Berechtigung.

Cash ist bei Deflation King

Denn in Europa haben wir es mit handfesten deflatorischen Tendenzen zu tun. Fast im Monatsrhythmus sinken die Inflationsraten. In Deutschland erhöhten sich die Preise im Oktober gegenüber dem Vorjahr nur noch um 0,8 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit mehr als viereinhalb Jahren. In Europa steigen die Preise noch langsamer, in Griechenland sanken sie sogar zuletzt um 1,7 Prozent. In diesem Umfeld verlieren Anleger, die ihr Geld in Bundesanleihen oder auf dem Sparbuch parken, zumindest kein Geld. In Zeiten von Deflation, wenn also die Preise sinken, gewinnt ihr geparktes Kapital sogar an Kaufkraft. Wie das Beispiel Schweiz zeigt, ist Deflation ein durchaus realistisches Szenario – und nicht einmal ein schlechtes. In der Alpenrepublik konnten sich die Verbraucher 2013 über stabile, 2012 und 2011 sogar über sinkende Preise freuen. Ihr Geld gewann an Wert. Und trotz der Deflation wuchs die Schweizer Wirtschaft in dieser Zeit. Es stimmt eben nicht, dass sinkende Preise und Wirtschaftswachstum per se im Gegensatz zueinander stehen. Anleihenkurse können weiter steigen Es gilt noch einen weiteren Mythos kritisch zu hinterfragen. Seit Monaten beschwören Finanzexperten eine Zinswende. Tatsächlich nähern sich die Renditen der Rentenpapiere bislang immer weiter der Null-Prozentmarke. Spätestens da sei dann endgültig Schluss – so die gängige Meinung. Dem ist aber nicht so. Nach der EZB verlangen nun auch die Skatbank aus Thüringen und die DZ-Privatbank S.A. Strafzinsen für Einlagen. Warum soll dies nicht auch bei Bundesanleihen möglich sein? Tatsächlich emittierte der Bund bereits Kurzläufer, die von Beginn an negativ rentierten. Die Zinsen können sehr wohl noch weiter fallen und die Anleihekurse weiter steigen. Mit einem Plus von rund sechs Prozent liefen zehnjährige Bundesanleihen im laufenden Jahr deutlich besser als der Dax. Der verlor von Jahresanfang bis heute rund drei Prozent. Eine Fortsetzung dieser Entwicklung ist keineswegs ausgeschlossen.

Immer wieder Aktiencrashs

Aktien, meist Substanzwerte, sind zwar eine wichtige Anlageform, aber bekanntermaßen mit erhöhten Schwankungsrisiken behaftet. Alleine in den vergangenen 14 Jahren haben wir drei schwere Kurseinbrüche erlebt: Zur Jahrtausendwende platzte die Dotcom-Blase, 2008 ging Lehmann pleite und löste die weltweite Finanzkrise aus und 2011 ließen die weltweiten Schuldenkrisen die Börsen crashen. Es sind die Anleger zu beglückwünschen, die in diesen Zeiten ihr Geld im geldmarktnahen Bereich geparkt hatten. Setzen die internationalen Aktienmärkte ihren typischen Boom- und Bust-Zyklus weiter fort, dürften schmerzhafte, aber gesunde Kurskorrekturen in nicht allzu ferner Zukunft niemanden überraschen.

Schließlich sprechen in der aktuellen Marktphase auch die sinkenden Risikobudgets eher für Festverzinsliche als für Dividendenpapiere. Viele Anleger unterscheiden bei ihrem Vermögen zischen einem „sicheren Kern“ und „risikoreichen Anlagen“. In Zeiten auskömmlicher Realzinsen liefert der sichere Kern auch mit einem geringeren Kapitaleinsatz ein laufendes und ungefährdetes Einkommen. Das verschafft die Möglichkeit, einen Teil des Vermögens risikoreicher, also zum Beispiel in Aktien zu investieren. In Phasen niedriger Realzinsen, müssen Anleger aber einen größeren Teil ihres Vermögens sicher investieren, um ein nennenswertes fest kalkulierbares Zusatzeinkommen zu erwirtschaften. Somit steht weniger Kapital für spekulativere Anlagen zur Verfügung. Gerade bei älteren Menschen muss heute häufig das gesamte Kapital herhalten, um verlässlich den Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits André Kostolany stellte fest: „Wer viel Geld hat, kann spekulieren. Wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren.“ Wir nennen es das Draghi-Paradoxon: „Die Niedrigzinspolitik der EZB verlangt zum realen langfristigen Vermögenserhalt objektiv die verstärkte Investition in Produktivkapital - und schließt sie für große Bevölkerungsteile, bei gegebenem Risikobudget, gleichzeitig aus!“

Ruhe bewahren

Angesichts der derzeit herrschenden Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten gibt es für Anleger drei gute Nachrichten:

  1. Die aktuell sehr niedrige Inflation lässt genug Zeit für strategische Entscheidungen. Kaufpanik ist somit unnötig.
  2. Gemessen an den Bewertungen und statistisch betrachtet werden bei Aktien attraktivere Einstiegsniveaus wahrscheinlicher. Abwarten rechnet sich also voraussichtlich
  3. Für in Aktien investierte Anleger sind kurz- und mittelfristige Absicherungen ihrer Portfolien weiterhin sehr kostengünstig. 

Statt sich unter Anlagedruck setzen zu lassen, sollten Investoren bestehende Positionen absichern und ansonsten durchaus einmal an der Seitenlinie bleiben, bis sich an den Finanzmärkten wieder eine klarere Richtung herausbildet.

Die Schweizer Bank Vontobel und die Deutsche Bank bieten verschiedene Short-Faktorzertifikate an, mit denen sich das Aktienportfolio vor möglichen Kursverlusten schützen lassen. Fällt der Dax beispielsweise um zwei Prozent, steigt das 10X Short Index linked to Day open end (WKN VZ8S10) von Vontobel um das Zehnfache, also um 20 Prozent. Wir raten Anlegern dazu, diese gehebelten Papiere vor allem als Versicherungsschutz und nicht als spekulatives Investment zu erwerben.

Der Rentenfonds Deutsche Invest I Short Duration Credit LC (WKN A0HMB1) und der Rücklagenfonds T der Hansainvest (WKN: A1JRP8 ) eignen sich dagegen gut dafür, Geld so lange zu parken, bis sich wieder attraktivere Investmentchancen bieten. Diese Fonds investieren in europäische Unternehmensanleihen mit kurzer Restlaufzeit. Damit reagieren sie in Bezug auf Wechselkurs- und Zinsänderungen vergleichsweise unempfindlich oder sind, bei attraktiven Renditen, sogar weitgehend abgesichert.

Nach Angaben der Deutschen Bundesbank parken die Deutschen zurzeit 40 Prozent ihres Vermögens in Bankeinlagen. Diese bringen je nach Anlage und Laufzeit zwischen 0,5 und 1,2 Prozent Zinsen. In der aktuellen Marktlage ist das vielleicht schlauer als vielfach behauptet.

Uwe Günther

Uwe Günther ist Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH. Außerdem fungiert er als Co-Anlageberater des Mischfonds BPM-Global Income Fund. 

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Foto: © Veröffentlicht als Gastkommentar am 18. November ]2014 bei NTV und NTV-Telebörse

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