Anleihen bieten Renditen

Die Anleger werden mit vermeintlichen Weisheiten regelrecht für dumm verkauft. Dividenden sind keineswegs die neuen Zinsen und Aktien beileibe nicht alternativlos.

Der fast schon manische Reflex vieler Bankberater, dass Aktien die einzige Alternative sind, weil Anleihen nichts bringen, ist fast schon fahrlässig. Bei Anleihen handelt es sich um ein sogenanntes Nominalversprechen. Der Anleger erhält nach einer festgelegten Zeit einen bestimmten Rückzahlungsbetrag. Daneben bekommt der Gläubiger dafür, dass er dem Schuldner Geld leiht, eine Kompensation, sprich den Zins. Der Nachteil von Anleihen besteht darin, dass 100 Euro in zehn Jahren, wenn sie zurückgezahlt werden, möglicherweise gemessen an der Kaufkraft weniger wert sind als heute. Dieser Nominalillusion steht allerdings die gute Kalkulierbarkeit der Zahlungsströme in Form der Zinszahlungen gegenüber.

Wie sehen die aktuellen Fakten aus? Zehnjährige Bundesanleihen, die zu den ausfallsichersten Bonds der Welt zählen, bieten tatsächlich nur noch eine Rendite von weniger als 0,2 Prozent pro Jahr. Für 100 Euro gibt es also gerade einmal 20 Cent Zinsen p.a. Das ist wirklich dürftig. Aber: Zurzeit haben wir in Deutschland keine Inflation. Im Gegenteil: Im Januar fielen die Preise um 0,4 Prozent, im Februar stagnierten sie bei +0,1 Prozent. In der Eurozone belief sich die Deflation im Januar sogar auf 0,6 Prozent und im Februar auf 0,3 Prozent. Das Geld gewann also an Kaufkraft, es stieg im Wert. Dasselbe gilt für die angeblich so nutzlosen deutschen Bundesanleihen, die auch in den zurückliegenden Monaten vor allem durch Kursgewinne sehr wohl nennenswerte Renditen lieferten.

Bei amerikanischen Staatsanleihen lässt sich sogar mit dem Zins eine nennenswerte Rendite erzielen. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren werfen US-Treasuries knapp zwei Prozent Zinsen ab. Dazu kommt die Aussicht auf einen weiter steigenden Dollar.

Selbst für den Kauf von negativ verzinsten Papieren kann es gute Gründe geben. Für institutionelle Investoren bestehen regulatorische Anforderungen, die sie mit Anleihen erfüllen können. Anleger können mit Bonds aber auch auf die Aufwertung von Währungen setzen oder auf weiter fallende Renditen und damit steigende Rentenkurse.

Zielerreichung mit Anleihen intakt

Gerade in einem Umfeld negativer Inflationsraten, dem Schreckgespenst der EZB und anderer Superschuldner, erreicht der Otto-Normal-Anleger mit Anleihen weiterhin mehrere Hauptziele der Kapitalanlage: den nominalen Kapitalerhalt, den realen Kaufkrafterhalt, die Planbarkeit von Zahlungsströmen, die Vielfalt von Schuldnerqualitäten und eine erstrangige Stellung der eigenen Forderungen. Es besteht also kein Grund zur Kaufpanik von vermeintlich alternativlosen Anlagen.

Vielmehr stellt sich die Frage, wer von den Alternativlos-Propheten gegenüber Privatanlegern die Verantwortung übernehmen möchte, wenn sich die Aktienmärkte wieder normalisieren. Schließlich basiert die Rallye maßgeblich auf aus dem Nichts geschaffenem Geld, das eben nicht durch entsprechende Wirtschaftsleistung oder Güter hinterlegt ist und die Finanzmärkte künstlich aufpumpt und verzerrt. Dieser Liquidität stehen auf der anderen Bilanzseite Kredite der Geschäftsbanken - und somit Notenbanken - gegenüber. Wenn es durch das Platzen von Kreditblasen wieder einmal dahin zurückströmen muss, wo es hergekommen ist, müssen die fremdfinanzierten Anlagen (Kreditsicherheiten) liquidiert werden und es korrigieren alle betroffenen Anlageklassen.

Dieses historische Zusammenspiel von Kreditexpansion und Kontraktion ist systembedingt. Eine Normalisierung wird unweigerlich kommen. Anleger sollten daher nie vergessen: Ein beachtlicher Teil des weltweiten Aktienmarktes ist kreditfinanziert. Was das bedeutet, haben zuletzt die Lehman-Pleite und die Subprime-Krise gezeigt. Skeptisch sollte man spätestens dann werden, wenn der Aktienmarkt beginnt, eigentlich schlechte Wirtschaftsmeldungen nicht mehr positiv zu interpretieren, weil das für eine anhaltend lockere Geldpolitik spricht.

Gewinnausschüttungen sind unkalkulierbar

Dividenden sind nicht die neuen Zinsen! Nachhaltig bezahlbare Gewinnausschüttungen von fair bewerteten Unternehmen zählen zwar weiterhin zu den sinnvollen Einnahmequellen des Anlegers. Sie sind aber kaum kalkulierbar und bieten keine Planungssicherheit. Im schlimmsten Fall können sie über Jahre hinweg ausfallen. Für Dividenden muss der Anleger also Kröten, sprich Risiken, schlucken, die bei Anleihezinsen nicht zur Charakteristik zählen. Aktienanlagen verlangen objektiv höhere Risikobudgets als Anleihen, die insbesondere bei zahlreichen Privatanlegern vor allem im Rentenalter schlichtweg nicht vorhanden sind.

Natürlich sind Anlagen, die heute einen Negativzins abwerfen, ebenfalls nicht ohne Gefahr. Es gibt keine risikolosen Assets – weder auf der Aktien- noch auf der Anleiheseite. Was sich gegenübersteht sind lediglich verschiedene Risikoarten und - szenarien. Diese können, sollen und müssen von jedem Investor sorgsam gegeneinander abgewogen werden.

Kein Anlagedruck

Es ist schon erstaunlich, dass in der mittlerweile reifen Börsenphase und unter Berücksichtigung der historisch zum Teil einmaligen Rahmenbedingungen das Urteil vieler Fachleute so eindeutig pro Aktie und contra Anleihe ausfällt. Die Return- Erwartungen sind bei Aktien für die kommenden Jahre auf Basis historischer Daten katastrophal. Dies liegt natürlich an den zuletzt massiv gestiegenen Bewertungen und der starken historischen Zyklizität der Gewinnentwicklungen. Der Anleger, der heute kauft, sollte sich das Produkt und seine Eigenschaften genau ansehen. Wir bleiben dabei: Der Gewinn liegt im Einkauf. Und der ist auf der reinen Aktienseite zurzeit kaum zu finden. Investoren sollten sich nicht unter Anlagedruck setzen oder gar setzen lassen, sondern einfach bis auf Weiteres im geldmarktnahen Bereich der Heimatwährung parken oder in gut gemanagten defensiven Mischfonds investiert bleiben und den Frühling genießen.

Uwe Günther

Uwe Günther ist Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH. Außerdem fungiert er als Co-Anlageberater des Mischfonds BPM-Global Income Fund.

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Foto: © Veröffentlicht als Gastkommentar am 14. April 2015 bei NT und NTV-Telebörse

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