Börsen im Sog der Schuldenpolitik

Anleger sollten in Deckung bleiben

Rechtruck in Österreich, Linksruck in Spanien und Portugal sowie möglicher EU-Austritt Großbritanniens und die USA im Trump-Fieber. Politische Krisen und wachsende Schulden sind die größte Gefahr für die Aktienkurse.

Viele Anleger geben sich der Illusion hin, dass die zunehmenden politischen Spannungen in Europa und der übrigen Welt kaum oder wenn, nur zeitlich begrenzte Auswirkungen auf die persönliche Kapitalanlage haben werden. Dabei handelt es sich möglicherweise um einen schweren und vor allem teuren Irrtum.

Die global zahlreichen und heftigen Konflikte und der Zulauf der politisch extremen Parteien sind nicht die Ursache, sondern das Ergebnis der weltweiten wirtschaftlichen Abkühlung, des zu geringen Wachstums und einer Schuldenorgie, die Konsum- und Transferausgaben und nicht produktive Investitionen im Fokus hat. Dazu kommt das wachsende Auseinanderdriften der Einkommen und Vermögen breiter Bevölkerungsschichten. Die wirtschaftlichen Rahmendaten sehen nicht gut aus.

Ernüchternde Bilanz

In den USA sind die Unternehmensgewinne im Jahresvergleich um acht bis zehn Prozent eingebrochen. China bleibt deutlich hinter dem offiziellen Wachstumsziel von 6,5 Prozent pro Jahr zurück und droht eine konjunkturelle Bruchlandung hinzulegen. Ölproduzierende Länder wie Saudi-Arabien kämpfen mit explodierenden Staatsdefiziten und müssen anfangen, ihr Tafelsilber zu verkaufen. Und im weltweiten Handel kollabieren seit mehreren Quartalen die Frachtraten und Transportvolumina. Trotz massiver Notenbankinterventionen geht das an den Kapitalmärkten nicht spurlos vorbei.

Die einstmals heiß geliebten FANG-Aktien sind bis auf Facebook tief unter ihre Höchstkurse gefallen: Apple -33 Prozent, Netflix -37 Prozent und Alphabet (einst Google) -17 Prozent. Andere Großunternehmen frisieren mit billigstem Notenbankgeld ihre Gewinne und finanzieren damit gleichzeitig ihre Dividenden. Das hat nichts mit Substanz zu tun, sondern gleicht einem Kartenhaus.
Die Finanzmärkte bewegen sich seit Jahren in einem zunehmend politisierten Umfeld. Die großen Notenbanken werden immer stärker von den entsprechenden Regierungen dirigiert. Die erfreulichen Aktienkursgewinne der vergangenen Jahre sind weniger das Ergebnis einer starken wirtschaftlichen Entwicklung. Vielmehr basieren sie auf dem billigen, zum Teil kostenlosen Geld, mit dem die Notenbanken die Finanzmärkte fluten und künstlich verzerren.

Börsen stehen am Scheideweg

Risikobereite Anleger, die nach wie vor auf die Allmacht der Notenbanken und die nachhaltige politische Steuerbarkeit ökonomischer Prozesse vertrauen, wetten weiterhin auf Anlagen, deren aktueller Preis sich im Wesentlichen durch politische Einflussnahme gebildet hat. An erster Stelle sind hier, neben Immobilien und Oldtimern, Aktien sowie Anleihen mittlerer und schwächerer Bonität zu nennen. Vielleicht wiederholen sich ja die Ereignisse à la 1923 und eine Katastrophenhausse steht ins Haus. Diese könnte den nominalen Preis von Risikoanlagen nochmals explodieren lassen, bevor sich anschließend Schulden und die damit finanzierten vermeintlichen Vermögenswerte und Kapitalanlagen sowie Forderungen auflösen – ein schmerzhafter Gesundungsprozess des kapitalistischen Finanzsystems wäre die Folge.

Anleger, die jedoch überzeugt sind, dass politische Börsen kurze Beine haben und sich Marktkräfte letztlich immer durchsetzen, gehen - oder bleiben - besser in Deckung. Die logische Konsequenz ist die strenge und konsequente Reduzierung oder Absicherung risikobehafteter und durch Kredit aufgeblasener Anlagen. Das gilt vor allem für Aktien mit einem hohen Anteil von Fremdkapital sowie für große Teile des Anleihenmarktes. Im Gegensatz dazu empfiehlt sich eine Übergewichtung von Anlagen, die nicht mit Schulden aufgepumpt sind. Dazu zählen Unternehmen mit hohem Anteil an realer Substanz und geringer Verschuldung, Gold als Währung der letzten Instanz sowie nominal ausfallsichere Anleihen von Staaten erster Qualität und mit eigenständiger Währung. Infrage kommen auch Investments, die nur gering korrelierte Erträge aus relativen Marktveränderungen erzielen und somit die zunehmenden Divergenzen bei Zinsen, Währungen und Aktienmärkten gezielt
nutzen können. Solche marktneutralen Strategien benötigen per saldo keine steigenden Kurse, um Zuwächse zu erzielen.

 

Uwe Günther

Uwe Günther ist Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH.

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