"Gesetzte Wahrheiten" kosten Performance

Schluss mit Börsen-Mantras

An den Finanzmärkten werden immer wieder vermeintlich unumstößliche Fakten gehandelt, die kaum hinterfragt werden. Anleger verlieren mit diesen "gesetzten Wahrheiten" oft Geld.

Auch in der aktuellen Börsenphase gibt es eine ganze Reihe von angeblichen Trends und Denkrichtungen, die kaum jemand anzweifelt. Das hängt auch damit zusammen, dass Menschen psychologisch bedingt bevorzugt Einschätzungen anderer konsumieren, die die eigene Meinung bestätigen – bis sie sich als plötzlich als falsch herausstellen und die Herdentiere wieder um eine Erfahrung reicher sind.

Auch in diesen Tagen lassen sich ganz klar bestimmte Mantras identifizieren, die gebetsmühlenartig wiederholt werden – so lange bis das "smart money" sich von allen Positionen getrennt hat und das "dumb money" verzweifelt noch den Absprung versucht.

Das sind einige der derzeit populärsten "gesetzten Wahrheiten", die als unumstößlich gelten. Einige davon haben durchaus das Zeug, Anlageziele ad absurdum zu führen und gravierende Verluste zu verursachen.

  • Der US-Dollar wird gegenüber dem Euro weiter steigen. Viele Bankanalysten prognostizieren schon die Parität.
  • Mit Staatsanleihen können Anleger nur Geld verlieren, da die Zinsen deutlich zulegen werden.
  • Die US-Wirtschaft wächst robust.
  • Die Inflation zieht weiter spürbar an.
  • China gehört die Zukunft.
  • Deutschland ist und bleibt Europas Konjunkturlokomotive.
  • Aktien sind Substanzwerte.
  • Gold ist überflüssig, verursacht nur Lagerkosten und bringt keine Zinsen.
  • Aktives Vermögensmanagement schlägt langfristig passive Strategien.

Und zum Schluss noch ein fast sprachlosmachender Klassiker:

  • Dividenden sind der neue Zins!

Anleger sollten unbedingt beachten, dass sich alle diese Dogmen substanziell hinterfragen lassen. Hier einige Beispiele:

Ist es wirklich so unwahrscheinlich, dass langlaufende amerikanische Staatsanleihen Gegenstand einer Kaufpanik werden? Überverkauft sind sie sowieso schon. Da braucht es nur eine vergleichsweise kleine Krise, dass die Anleger massenhaft in nominal sichere Häfen fliehen. US-Staatsanleihen gelten als bombensicher und würden von einer wieder steigenden Risikoaversion profitieren.

Sind nachhaltig steigende Inflationsraten tatsächlich vorprogrammiert? Was passiert denn spätestens ab Mitte 2017, wenn der Basiseffekt bei den Ölpreisen wieder abnimmt und China sowie andere Länder weiter Deflation exportieren? Die Konsensmeinung zur weiteren Preisentwicklung hat sich in den vergangenen Jahren fast immer als falsch herausgestellt. Das könnte 2017 durchaus ein weiteres Mal der Fall sein.

Wie hoch ist die angebliche Substanz von Aktien, wenn die Unternehmen immer höhere Schulden anhäufen und der Erfolg ihres Geschäftsmodells damit zunehmend stärker vom Zinsniveau abhängt?

Was passiert mit China, wenn dort trotz aller innenpolitischer Repression das System ins Wanken gerät?

Ist es wirklich so unwahrscheinlich, dass heftige Aktienmarktkorrekturen die Dividendenzahlungen von 15 oder 20 Jahren auslöschen? Genau das ist seit den Nuller-Jahren schon drei Mal passiert.

Sind die USA tatsächlich so robust und Deutschland so stark, wie überall zu hören ist? Börse handelt die Zukunft. Selbst wenn die Situation so rosig wäre wie sie derzeit oft gezeichnet wird, mahnt die historische Zyklizität der globalen Unternehmensgewinne zu vorausschauendem Handeln.

Fakt ist, dass in den zurückliegenden Quartalen vor allem die Anlagen gut gelaufen sind, die gemäß der Mehrheitsmeinung als wenig aussichtsreich galten: Öl, Gold, Minengesellschaften, Rohstoffunternehmen, viele Emerging Markets, Zucker, Kaffee oder zahlreiche Unternehmensanleihen. Und was war seit Mitte 2015 mit Dax und Stoxx zu verdienen? Unter dem Strich: gar nichts.

Vor diesem Hintergrund sind Anleger gut beraten, sich zu ein und demselben Thema verschiedener Informationsquellen zu bedienen. Dazu zählen unbedingt auch die eher selten gehörten, kritischen und bankunabhängigen Meinungen. Es muss ja nicht gleich ein Abo von Dr. Marc Faber, die Dauerlektüre von Felix Zulauf oder ein regelmäßiger Besuch der Webcasts von Jeff Gundlach sein. Schaden kann es aber auch nicht….

Ihr
Uwe Günther

Uwe Günther

Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH.

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