Klassische Fondsstrategien am Ende?

Notenbanken hebeln Finanzmärkte aus

Einst erfolgreiche Investmentstrategien, die auf klassischer Fundamentanalyse beruhen, funktionieren kaum noch. Die neue Supermacht „Notenbanken“ zerschmettern die marktwirtschaftlichen Bewertungsmodelle. Angesichts der Manipulationen von Fed, EZB & Co. gilt es nun, vor allem Verluste zu vermeiden.

Viele Analyse- und Prognosemodelle und die daraus abgeleiteten Anlagestrategien von institutionellen Investoren - allen voran den klassischen Fondsmanagern - verlieren zunehmend ihre Wirksamkeit und damit, zumindest derzeit, auch ihre Berechtigung. Denn durch die Interventionen beziehungsweise Manipulationen der großen Notenbanken stehen die Portfoliomanager von Publikumsfonds gleich dreifach unter Druck.

Die gigantischen Eingriffe der Notenbanken an den Kapitalmärkten sind mittlerweile die kursbestimmenden Faktoren. Alleine die Europäische Zentralbank (EZB) kauft dieses und kommendes Jahr für mehr als eine Billion Euro Staats- und Unternehmensanleihen. Das entspricht fast exakt dem gesamten Wert der 30 DaxUnternehmen. Die EZB schluckt gewissermaßen alles, was ihr in die Hände kommt. Nur die Bank of Japan agiert gemessen am BIP noch aggressiver als die EZB.

Die massenhaften Käufe der Notenbanken pushen die Anleihenkurse, die Renditen fallen. Und es wird immer schlimmer: Mittlerweile kommen nicht nur Staats-, sondern auch Unternehmensanleihen (Henkel und Sanofi) mit einer negativen Rendite neu auf den Markt. Nicht die Attraktivität der Unternehmensbewertung oder die Qualität des Schuldners bestimmen den Preis von Anlagen, sondern flächendeckende direkte sowie indirekte und undifferenzierte Eingriffe der Notenbanken – das ist verheerend. Immer mehr Anleger flüchten aus aktiv gemanagten Fonds in passive Indexfonds (ETFs), um bei den weiter sinkenden Erträgen zumindest die Kostenseite zu entlasten. Wenn der Marktstress jedoch plötzlich steigt, ist das beherzte Eingreifen eines aktiven Managers dann allerdings nicht mehr möglich. ETFs funktionieren gut in steigenden Märkten. Wenn die Volatilitäten und der Druck auf die Kurse zunehmen, sind ihnen Indexfonds jedoch schutzlos ausgeliefert.

Fairerweise muss man allerdings sagen: Auch aktive Fondsmanager sind weitgehend machtlos, wenn die sogenannten Märkte richtig crashen. Hinzu kommt: Die Gebühreneinnahmen aus dem Fondsmanagement haben bei einigen Vermögensverwaltern eine solche Größe und faktische Motivationswirkung erreicht, dass ein sinnvolles Desinvestieren wohl kaum stattfinden wird. Es wird gewissermaßen solange getanzt, wie die Musik noch spielt.

Fazit: Kommt es an den Finanzmärkten trotz der massiven Eingriffe der Notenbanken zu größeren Verwerfungen, was sich kaum vermeiden lassen wird, drohen Anlegern sowohl mit vielen herkömmlichen aktiven als auch mit passiven Fonds empfindliche Verluste.

Fin-Techs sind (noch) keine Alternative

Auch die zuletzt stark gehypten Robo-Advisor, die maßgeblich auf Basis weitgehend pauschaler Kundenanalysen und historischer Marktbewegungen arbeiten, bieten bisher leider kaum einen Ausweg. Das gilt selbst dann, wenn die Computerprogramme lernfähig sind. Denn zwischen dem plötzlichen Auftreten eines neuen Ereignisses (im schlimmsten Fall eines Börsencrashs) und der nachfolgenden Neuausrichtung des Softwaremodells kann ein erheblicher Vermögensverlust entstehen, der aus der Historie so nicht abgeleitet wurde. Technik und weitgehend untaugliche Risikomodelle (z.B. VaR) ersetzen eben nicht eigenes Denken.

Was also tun?

Sicher ist intelligentes aktives Management passiver Lösungen für ETF-Investoren einer der Zukunftstrends. Aber auch ohne eine möglichst breite Diversifikation im klassischen Sinn geht es weiterhin nicht. Das schließt aktuell substanzielle Bankguthaben mit ein, auch wenn diese derzeit nicht verzinst werden. Die fehlenden Zinsen sollten angesichts der derzeit kaum vorhandenen Geldentwertungen verschmerzbar sein. Die eigengenutzte Immobilie und physisches Edelmetall runden ein privates Sicherheitspaket gut ab. Auch private Entschuldung - gegen den aktuellen Trend - wird immer wichtiger!

Anlageformen, in die die Notenbanken das meiste Geld pumpen, dürfen dabei durchaus auch einmal außen vor bleiben. Konkret gilt das für europäische Staats- und Unternehmensanleihen sowie für große Teile des Aktienmarktes. Hier hat sich durch die Eingriffe der Notenbanken eine gefährliche Blase aufgebaut, die jederzeit platzen könnte. Die Vermeidung von Verlusten ist definitiv das große Thema, jetzt und in den kommenden Quartalen.

Mit optimistischen Grüßen verbleibt

Ihr
Uwe Günther

Uwe Günther

Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH.

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