Marktkommentar Juni 2012

„Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße angenommen hat!“
Berthold Brecht

Helle Aufregung in den Parlamenten der Länder, den Handelssälen der Banken und den Familien von vermögenden Investoren. Egal wohin man schaut – überall werden hektisch, ja oftmals schon panisch, die Auswirkungen eines Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro diskutiert. Ein kerniger Begriff ist schon gefunden: GREXIT! Menschen, beispielsweise Analysten und Vermögensverwalter, die qua Beruf zur Rationalität verpflichtet sind, versuchen die Kalkulation der Wahrscheinlichkeit eines Übergreifens des griechischen Fiebers auf andere Länder des Euroblocks wie Spanien, Portugal, Zypern und Italien. Selbst Frankreich wird mittlerweile gehandelt!

Europa vor entscheidenden Veränderungen

Eines scheint, trotz des Wahlausganges, auch dem letzten Zweifler oder Zweckoptimisten klar: die Eurozone steht kurz vor entscheidenden und möglicherweise unumkehrbaren Veränderungen. Eines oder mehrere Länder werden den Euro als Zahlungsmittel aufgeben müssen. Dies geschieht, auch und vor allem, zum Eigenschutz dieser Länder. Behalten sie den Euro, bedingt dies unseres Erachtens zeitlich unbegrenzte Geldüberweisungen an diese Länder. Ob dies dem Wahlvolk in Zentraleuropa vermittelbar ist, darf bezweifelt werden. Das starre, für alle Euro-Mitglieder bis heute gleiche Währungskorsett, verhinderte und verhindert noch die Anpassung über Abwertung der eigenen Währung an die nationale wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das gleichgeschaltete Zinsniveau führte und führt in der Konsequenz zu gigantischen Fehlleitungen von Kapital durch Kreditaufnahmen, die die eigenen Fähigkeiten dieser Länder bei weitem überstiegen. Auf den Punkt gebracht kann man konstatieren: der Markt schlägt zurück. Wirtschaftliche Grundzusammenhänge lassen sich durch politischen Entscheidungen und Wünsche eben nur temporär ausschalten.

Entscheidend in dieser Situation ist es aus unserer Sicht, die irrationale Angst vor einem quasi politisch begründeten Totalverlust des eigenen Euro-Vermögens für den Fall zu nehmen, dass der Euro als Zahlungsmittel nicht mehr existiert. Leider werden die durchaus vorhanden technischen Prozesse für diesen Fall von der Politik aus naheliegenden Gründen bisher verschwiegen.

Lassen sie uns an dieser Stelle mit der wenig fundierten, taktischen Äußerung der ansonsten von uns respektierten deutschen Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers aufräumen: „Bricht der Euro, bricht Europa!“. Diese Aussage ist nicht nur falsch, sie suggeriert zusätzlich die Alternativlosigkeit einer in Wirklichkeit nicht vorhandenen währungspolitischen Schicksalsgemeinschaft. Europa ist stärker, älter und erfolgreicher als es eine einzelne Währung je sein wird!

Gibt es Alternativen?

Bevor wir auf die Konsequenzen für Ihr investiertes Vermögen zu sprechen kommen, zeigen wir gern wahrscheinliche Alternativen und ihre Umsetzung.

Die Alternative zum Euro lautet: die Länder kehren zu nationalen Währungen zurück. Logistisch ist das ohne weiteres möglich. Viele der Fachleute, die die Euroeinführung begleitet haben sind noch im Dienst. Die umlaufenden Euro-Scheine und Münzen könnten für eine bestimmte Übergangszeit abgestempelt und als nationale Währungen verwendet werden, bis genug neues Geld zur Verfügung steht. Entscheidend ist, dass diese Pläne geheim bleiben, um Panik und Banken-Run zu verhindern. Solche Aktionen finden üblicherweise an verlängerten Wochenenden statt.

Um das Risiko einer grenzüberschreitenden Kapitalflucht gering zu halten, kann die Währungsumstellung mit der Bildung eines Währungskorbs nach dem Vorbild der European Currency Unit (Ecu) verbunden werden. Sie erinnern sich? Der Vorläufer des Euro als real existierende Verrechnungseinheit ohne Zahlungsverkehrseigenschaft. Dessen Wert würde sich nach dem Gewicht der bilateralen Wechselkurse richten, wobei der hohe Anteil der Deutschen Mark im Währungskorb dessen Wertverlust deutlich begrenzen würde – Experten rechnen für diesen Fall mit einer starken Aufwertung der Deutschen Mark. Ebenso wie der damalige Ecu im Europäischen Währungssystem wäre der neue Ecu (er könnte auch Neuer Euro (Neuro? Newro?) heißen) ein Währungskorb aus den gewichteten nationalen Währungen der beteiligten Länder.

Bestehenden Verträge, Forderungen und Euro-Guthaben würden sofort in Ecu umgerechnet werden. Kein Investor müsste fürchten, dass seine Euro-Forderungen auf Weichwährungen umgestellt oder wertlos würden. Neue Anleihen, Verträge oder Darlehen würden ab sofort in den neuen nationalen Währungen abgeschlossen. Es gäbe dann wieder D-Mark, Drachme, Gulden oder Franc.

Zwischenfazit

Ein Austritt eines oder mehrerer Länder bis hin zum Zusammenbruch des Euro als Zahlungsverkehrsmittel würde die Weltmärkte in schwere Turbulenzen stoßen. Doch auch die ökonomischen Vorteile wären enorm. Die Länder würden eine Großteil der verlorenen Flexibilität zurückbekommen, wären zu strukturellen Reformen praktisch gezwungen und könnten über ihre Wechselkurse die wirtschaftlichen Unterschiede ausgleichen. Aktuell überwiegt an den Märkten eine hohe Risikoaversion, die aus unserer Sicht zu wesentlichen Teilen bereits in den gefallenen Kursen enthalten ist. Die nachfolgende Übersicht zeigt die Wertentwicklung wichtiger Vermögensklassen in den letzten 12 Monaten.

Jahresperformance für führende Aktien-, Renten- und Rohstoffmärkte vom 15.06.2011 bis 14.06.2012

Auswirkungen auf die Vermögensanlage Für die Depotaufstellung und die Anlageentscheidungen innerhalb der Verwaltungsmandate bedeutet dies konkret folgendes:

  1. Strikte Untergewichtung bzw. Desinvestition von Anlagen in potenziellen Weichwährungen.
  2. Beibehaltung und bei Schwäche Ausbau der Edelmetallpositionen und der Rohstoffwerte. Provokant gesagt: Der Wert des Goldes hat sich in den letzten 12 Jahren kaum erhöht – man muss heute nur mehr Papiergeld dafür auf den Tisch legen!
  3. Beibehaltung der Aktien- und Immobilienmarkt gelinkten Portfoliobausteine. Dies sind „reale“ Werte, deren Schwankungen man ruhigen Gewissens in Kauf nehmen sollte. Sehr gern erläutern wir im Gespräch detailliert unsere Sicht des Zusammenhanges zwischen „Wert“ und „Preis“ einer Vermögensanlage! In von Angst und Sorgen geprägten Zeiten ist hohe Qualität oftmals zu erstaunlich niedrigen Preisen zu bekommen.
  4. Der Opportunismus der Regierungen und Notenbanken ist weiterhin eine „sichere Bank“. Wir bleiben dabei: im Zweifelsfall entscheiden sich diese für das Gelddrucken und für die Inflation. Darauf gilt es sich rechtzeitig vorzubereiten.
  5. Vermeintlich sichere Staatsanleihen sind mittelfristig ungeeignet, die Kaufkraft des Vermögens zu sichern. Deutsche und amerikanische Staatsanleihen haben aktuell eine negative Rendite, wenn Sie diese jetzt kaufen würden! Angst vor Geldentwertung treibt sowohl den Goldpreis als auch den Kurs von inflations-indexierten Anleihen. Deren Renditen liegen derzeit unter „0%“.

US Inflationsanleihe und Goldpreis

Wir versichern Ihnen, dass wir auch in den nervenaufreibenden kommenden Monaten und Quartalen unseren substanz- und ausschüttungsorientierten Ansatz beibehalten werden. Ein zwischenzeitlicher Fall der Marktpreise unter den inneren Wert des Portfoliovermögens kann somit mit einer gewissen Gelassenheit entgegengesehen werden. Auch ein Unternehmer oder Immobilienbesitzer, Kunstsammler oder gar Versicherungsunternehmen würde Vermögenswerte veräußern, nur weil deren aktuelle Marktpreise durch politische Ängste unter Druck geraten. Die kommenden Monate werden sicher turbulent und sind in ihren Konsequenzen oft noch nicht bewertbar. Dennoch gehen wir weiterhin davon aus, dass ein Weltuntergang anders aussieht. Das Team der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH wünscht Ihnen eine entspannte und schöne Sommerzeit!

Uwe Günther, Sven Marzahn

BPM diversifiziertes

RECHTLICHE HINWEISE

Dieses Dokument wurde von der BPM – Berlin Portfolio Management GmbH („BPM“) auf Basis von historischen Daten und den Einschätzungen der BPM zur künftigen Marktentwicklung erstellt. Diese Einschätzungen sind auf der Basis von Analysen gewonnen worden, die mit der gebotenen Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt erstellt worden sind. Dennoch kann die BPM für ihr Eintreten keine Gewähr übernehmen. Dieses Dokument dient ausschließlich der Information und darf ohne ausdrückliche schriftliche Einwilligung der BPM nicht an Dritte weitergegeben oder reproduziert werden. Dieses Dokument stellt kein Angebot zum Kauf, Verkauf oder zur Zeichnung von Wertpapieren oder sonstigen Investments dar. Weiterhin stellen die enthaltenen Informationen und Einschätzungen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen beruhen auf Quellen, die die BPM für zuverlässig hält, welche jedoch keiner neutralen Prüfung unterzogen wurden. Die BPM übernimmt keine Haftung und keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der enthaltenen Informationen. Dieses Dokument stellt ausschließlich die Auffassung der BPM dar, welche sich jederzeit ändern kann. Solche Meinungsänderungen müssen nicht publiziert werden. Die diesem Dokument zugrunde liegenden Informationen und Meinungen basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen.

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