Warnsignale nehmen nochmals zu.

Am Scheideweg: Erst die hard-facts, dann die Stimmung…

Der Börsenliebling Apple verliert in wenigen Stunden 50.000.000.000,00 USD an Börsenwert, Urgesteine der US Wirtschaft wie IBM und General Electric sind unter Dauerdruck und verlieren alleine 2018 über 20%, Goldman Sachs und die größte Deutsche Bank verlieren zwischen 20% und 50% in wenigen Monaten. Die omnipräsente Facebook Aktie „korrigiert“ um 35% in vier Monaten. Und die Weltkonjunktur-Lokomotive China leidet unter Handelsstreit und Immobilienblase und sieht seinen Aktienmarkt um mehr als 25% in wenigen Monaten fallen. Riesige Teile der chinesischen Vermögen sind, zusätzlich kreditfinanziert, in den bekannten Geisterstädten investiert:

Die Ausfallrate von Anleiheschuldnern in China hat schon jetzt die des Vorjahres deutlich überschritten. Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen – aus medienwirksamen Einzelfällen wird zunehmend ein globales Problem.

Von wissendem Lächeln und ratlosem Staunen

Aus Sicht des Autors einer Kolumne ist es besonders interessant zu beobachten, wie sich die „extremen Ränder“, nein, nicht der Politikszene, sondern der schreibenden Perma-Bären und Perma-Bullen positioniert. Hier geschieht aktuell etwas Interessantes…. nämlich fast nichts. Crash-Propheten jubeln, wenn überhaupt, bisher sehr verhalten. Diese sehen sich wohl bestätigt und sehen die, aus deren Sicht, folgerichtige Entwicklung der bisherigen Monate erst als einen Auftakt für Größeres. Und die Fraktion „jeder Tag ist ein Kauftag für Aktien“ übt sich mehrheitlich ebenfalls in ungewohnter Zurückhaltung und – schweigt.

Wenn Sie bereits in den 2000-ern und 2008/2009 als Beobachter, Anleger oder Finanzfachmann dabei waren, erinnern Sie sich sicher gut an die „buy on dips“ Mentalität. Diese fiel auch deswegen leicht, weil viele Anleger durchaus auf Gewinnpositionen saßen, die man gedanklich zumindest teilweise riskieren konnte. Man war ja noch vorn! Diese kognitiven Dissonanzen lösten sich dann bekanntermaßen schmerzhaft auf, da das große Geld andere Vorstellungen hatte und ein Großteil der Buchgewinne verschwand. Heute gilt wahrscheinlich eher: Verkaufe die Erholungsrallys.

Haltet den Dieb!

Wer hat den Börsianern diese wenig schmackhafte Suppe eingebrockt? Aus meiner Sicht lässt sich der Hauptschuldige sehr schnell und einfach ausmachen – es ist der Zins! Da der Anleihemarkt eine dramatisch höhere Bedeutung für die Volkswirtschaft hat als der viele kleinere Aktienmarkt, hinterläßt der extreme Zinsanstieg, gerade auch im kürzeren US-Dollar Laufzeitbereich, jetzt erste deutliche Spuren. Nach Jahren einer faktischen Nullzinspolitik explodierten die Laufzeiten zwischen wenigen Monaten und 2-5 Jahren förmlich. Aufgrund des Fakts, dass sowohl kreditfinanzierte Wertpapierkäufe (nahe Rekordhoch), Unternehmensfinanzierungen (auch für Zombie-Firmen), als auch relative Investitionsentscheidungen zwischen Anlageklassen hiervon bestimmt werden, wundert das Ergebnis nicht wirklich.

Die neue Zinssituation führt buchstäblich in eine neue Welt (bzw. die alte Welt zurück) und macht aufgeblähte Bewertungskalkulationen zur Makulatur.

Warum erst jetzt?

Auch historisch lässt sich ein enger Zusammenhang zwischen der Dynamik von Zinsveränderungen und der Aktienmarktperformance feststellen. Und gerade auch die zeitliche Verzögerung von ca. 6-12 Monaten zwischen Ursache und Reaktion ist typisch. Zudem haben zusätzlich die Trump’schen Steuerincentives eine nochmals verzögernde Wirkung. Diese staatliche Selbstverstümmelung durch kollabierende Steuereinnahmen wurde auch von uns kaum für möglich gehalten. Die langfristigen Schäden für die US- und Weltkonjunktur werden gravierend sein.

Wie geht’s ab hier weiter?

Man kann es nicht oft genug wiederholen: eine extreme Bewertung von Anlagen ist so lange möglich, wie es die kurzfristigen Interna und die Marktpsychologie zulassen. Und es gilt weiterhin – ein Aktienkurs läßt keinen direkten Rückschluss auf die Attraktivität des jeweiligen Geschäftsmodells bzw. Unternehmens zu! Eine Amazon-Aktie, die Tencent Holding aus China oder SAP aus Deutschland haben auch bei halbierten Kursen ein hervorragendes Geschäftspotenzial! Zwischenzeitliche Erholungen sind sehr wahrscheinlich, bis das smarte Geld (SMART Money Flow Index) ausreichend heiße Kartoffeln an spätzyklische Privatanleger angegeben hat.

Es bleibt intensiv zu beobachten, wie sich Stimmungslagen weiter verändern. Kippen diese in einem Maße, das die Marktfragilität sprunghaft ansteigt, könnten folgende Anlagen besonders betroffen sein:

- Hochzins-Anleihen und sogenannte Junk Bonds sowie Investment-Grade Bonds auf der untersten Stufe der Qualitätsskala (BBB).

- Technologie und E-Commerce Anbieter (Die Lieblinge der Hedgefunds)

- Passive Index Fonds werden im Stress schnell aktiv gehandelt…

Profitieren könnte von einer weiteren Börseneintrübung, einer nahenden Rezession und den daraufhin zu erwartenden konzertierten Zentralbank-rettungsaktionen nachfolgende Anlageklassen. In der ersten Phase einer möglichen Ausverkaufes ist dennoch ein anfänglicher Gleichlauf mit anderen wenig attraktiven Anlageklassen zu vermuten, bevor eine deutliche Abkopplung von diesen einsetzen könnte.

- US-Staatsanleihen (aktuell extreme Shortpositionen)

- Edelmetalle , Rohstoffe Minen (aktuell extreme Shortpositionen bei XAU)

- Aktien und Anleihen aus ausgewählten Schwellenländern

- Alternative Prämienstrategien

Fazit: Sollten auch Sie dem bekannten Spruch von Warren Buffet folgen „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind. Sei gierig, wenn andere ängstlich sind“ machen Sie auch künftig wohl vieles richtig. Und vielleicht überzeugen Sie ja sogar Ihren Kundenberater Ihnen als Sahnehäubchen eine erfolgsbasierte Verwaltungskomponente anzubieten.

Mit freundlichen Grüßen wünschen wir viel Erfolg bei allem was Sie tun!

Uwe Günther

Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM - Berlin Portfolio Management GmbH.

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